Wettbewerbsvorteile durch Materialeffizienz im produzierenden Gewerbe
Seit langem ist bekannt, dass im produzierenden Gewerbe der Anteil der Materialkosten am Bruttoproduktionswert alle anderen Kostenarten dominiert. Die Energiekosten sind demgegenüber fast nebensächlich – den vielfältigen medialen und verbandlichen Äußerungen über die unvertretbare Höhe der Energiekosten zum Trotz. In aktuellen Zahlen: nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2019 (Fachserie 4, Reihe 4.3) betrug im Jahr 2017 der Anteil des Materialverbrauchs (ohne Energiekosten) am Bruttoproduktionswert 41,7 %, während die Energiekosten lediglich einen Anteil von 1,6 % aufwiesen. Selbst der Personalkostenanteil schlägt „nur“ mit 18,4 % zu Buche.
Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch innerhalb des produzierenden Gewerbes erhebliche Unterschiede gibt. Auch in anderen industriellen Sektoren gibt es weitaus höhere Anteile der Energiekosten am Bruttoproduktionswert: von der Glaswaren-, Chemiefaser- oder Papierherstellung mit 6,1 bis 7,5 % über die Zementherstellung mit 12,3 % bis zur Herstellung von Industriegasen mit 23,0 %. Aber auch in diesen Branchen ist der Materialverbrauch (bereinigt um den Energieverbrauch) erheblich – er liegt hier zwischen 18,2 % (Zementherstellung) bis sogar über 50 % (Herstellung von Papier, Karton und Pappe).
Das bedeutet: Der effiziente Einsatz von Ressourcen hat in sehr vielen Branchen einen entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit. Die Resilienz der Wirtschaft verbessert sich, weil die Abhängigkeit von Rohstoffimporten verringert wird. Mit besserer Ressourceneffizienz sinkt darüber hinaus auch global der Umweltverbrauch. Weiterhin sinkt die Belastung von Schutzgütern wie z.B. Boden, Wasser und Luft. Gleichzeitig geht der Energieverbrauch zurück, weil mit der Materialerzeugung auch ein erheblicher Energieeinsatz verbunden ist. Gute Gründe also, der Materialeffizienz ein deutlich höheres Gewicht in der Unternehmensstrategie beizumessen.
Abfallhierarchie
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes legt in § 6 die Maßnahmen der Vermeidung von Abfällen und der Abfallbewirtschaftung fest. Danach gibt es diese Rangfolge:
- Vermeidung
- Vorbereitung zur Wiederverwendung
- Recycling
- sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung
- Beseitigung
Diese Rangfolge ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Schutz von Mensch und Umwelt beim Erzeugen und Bewirtschaften von Abfällen bestmöglich gewährleistet ist. Dabei soll das Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzip berücksichtigt und der gesamte Lebenszyklus des Abfalls beachtet werden.
Recycling ist also keineswegs die hochwertigste Form des Umgangs mit Abfällen – der Abfallvermeidung und der Wiederverwertung kommt eine viel größere Priorität zu. Bei allen Maßnahmen des Recyclings und der Verwertung ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass beispielsweise Emissionen entstehen können, die – soweit möglich – vermieden werden müssen, oder dass die Ausschleusung von Schadstoffen ein wichtiges Ziel der Abfallbehandlung darstellt. Der Weg zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft ist noch weit, aber es muss auch klar sein, dass ein gewisser Teil des Abfalls nicht wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden kann. Diese Zielkonflikte im Abfallmanagement müssen also klug austariert werden.
Bauabfälle und Baustoffrecycling
Nach einer Veröffentlichung des Bundesumweltamts steigt das Abfallaufkommen in Deutschland in den letzten zehn Jahren kontinuierlich leicht an. 2019 betrug es 416,9 Mio. t und hat sich damit im Zehnjahresvergleich um 15,9 % gesteigert. Den mit Abstand größten Anteil am Abfallaufkommen, nämlich 55,4 %, haben die Bau- und Abbruchabfälle (inklusive des Straßenaufbruchs) mit 230,9 Mio. t. Den größten Teil innerhalb der Bau- und Abbruchabfälle stellt der Bodenaushub dar. Zwar wird rund 85 % des Bodenaushubs und auch ein erheblicher Teil der übrigen Bau- und Abbruchabfälle wiederverwertet. Ob aber in jedem Fall eine hochwertige Verwertung stattfindet, die den Einsatz von Primärmaterial erspart, oder ob stattdessen befestigte Wege „großzügiger“ angelegt und z.B. Lärmschutzwälle „üppiger“ ausfallen als notwendig, um Bauabfälle kostengünstig „verwerten“ zu können, statt sie weitaus kostenträchtiger auf Deponien „beseitigen“ zu müssen, sei dahingestellt. Tatsache ist aber, dass die Landkreise zuständig sind für die Bereitstellung von Deponieraum und dass dieser Deponieraum immer knapper und der Handlungsdruck immer größer wird.
Gleichzeitig hat der Einsatz von Recycling-Materialien gerade im Hochbau noch eher Seltenheitswert. Erst wenige Recycling-Unternehmen haben sich auf eine sorgfältige Trennung der verschiedenen Korngrößen der Abbruchabfälle spezialisiert, um so eine hochwertigere Verwertung zu ermöglichen, oder führen gar eine Baustoff-Wäsche bei belasteten Materialien durch, um so eine Verwertung sogar von ehemals belasteten Abbruchabfällen zu ermöglichen und die Menge deponiepflichtiger Abfälle zu minimieren. Dabei kann durch sorgfältiges Vorgehen gerade bei der Herstellung von Recycling-Beton viel erreicht werden. Das Thema Baustoffrecycling ist also nicht nur für Landkreise als Deponie-Verantwortliche interessant, sondern auch für den Hochbau, um innovative Bauverfahren voran zu bringen, der Verantwortung zur Abfallvermeidung nachzukommen und wertvolle Ressourcen zu schonen.
Kunststoffverwertung
Kunststoffe sind in der Anwendung zumeist äußerst praktisch: leicht, unempfindlich, langlebig. Ihre Langlebigkeit wird aber zu einem sehr ernsten Problem, wenn sie nach Gebrauch in die Umwelt gelangen: sie zersetzen sich häufig erst nach Jahrhunderten vollständig, und bis dahin zerfallen sie in immer kleinere Partikel, die als „Mikroplastik“ riesige Umweltprobleme bereiten.
Ungelöst ist vielfach die Entsorgung von Kunststoffabfällen. In vielen Ländern ohne funktionierende Abfallwirtschaft landen sie ungeschützt in der Umwelt („Littering“), werden in Flüsse und von dort in die Weltmeere verfrachtet. Aber auch in Deutschland mit seiner sehr gut entwickelten Abfallwirtschaft ist nicht alles zum Besten bestellt: auch hier gibt es achtlos weggeworfene Kunststoffartikel. Und: Gerade der Kunststoffbereich ist noch sehr weit von einer wirklichen Kreislaufführung entfernt. Das fängt damit an, dass es nur für die Verpackungsabfälle eine separate Sammlung und gesetzliche Verwertungsquoten gibt, während Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff üblicherweise mit den Siedlungsabfällen („Hausmüll“) entsorgt und verbrannt, also „thermisch verwertet“ werden – das ist fast die unterste Stufe der Abfallhierarchie. Aber auch bei den Verpackungsabfällen aus Kunststoff findet eine hochwertige Verwertung im Regelfall nicht statt. Zu schwierig ist es zumeist, die Verpackungsabfälle sortenrein zu trennen, zu viele Verbundstoffe erschweren das Recycling, zu kleinteilig, leicht oder verschmutzt sind beispielsweise dünne Folien, um eine mechanisierte Trennung und hochwertige Verwertung der Abfälle zu ermöglichen. Die Folge ist, dass zu viele der wertvollen und aufwändig separat gesammelten Kunststoffe ebenfalls lediglich „thermisch verwertet“ werden.
Zwar sind im Verpackungsgesetz des Bundes – aufgrund von Vorgaben der EU – mittlerweile anspruchsvolle Verwertungsquoten festgelegt worden, die einen Anreiz setzen, das in der Abfallhierarchie im Bereich des Recycling vorrangig anzuwendende werkstoffliche Recycling durch ein entsprechendes Produktdesign und durch Innovationen bei den Sortier- und Aufbereitungsanlagen zu erleichtern. Es gibt gute Gründe, dem werkstofflichen Recycling von Kunststoffen eine deutlich höhere Priorität als bislang üblich einzuräumen. Es wird aber einen großen Anteil an Sortierresten, Verbundstoffen oder verschmutzen Kunststoffabfällen geben, die werkstofflich nicht für hochwertige Güter recycelt werden können.
Hier bietet sich das „chemische Recycling“ an, bei dem die Kunststoffabfälle in Öle und Gase zerlegt werden, aus denen wieder neue Kunststoffe aller Qualitätsstufen erzeugt werden können. Solche Verfahren werden gerade intensiv entwickelt und sind einer der Innovationstreiber in der chemischen Industrie. Chemisches Recycling ist sicherlich kein Allheilmittel, um gar die „Vermeidung“ oder „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ als höchstwertige Stufen der Abfallhierarchie zu umgehen oder das werkstoffliche Recycling, wo es sich anbietet, auszubooten. Aber an vielen Stellen sind die regulatorischen Vorbehalte vielleicht überzogen, und es wäre an der Zeit, mehr „Erprobungsräume“ zu schaffen, um Erfahrungen mit dem chemischen Recycling zu sammeln, Prozesse zu optimieren und auf dieser Grundlage zu einer fundierten Bewertung zu kommen, die dann Maßstab für eine Anpassung des legislativen Rahmens sein könnte.
Bioabfallverwertung
Bei der Energiewende-Debatte wird gerne argumentiert, dass der Anbau von Biomasse und ihre Vergärung zu Methan ein wichtiger Eckpfeiler sein sollte. Anders als bei der Stromerzeugung aus Windenergie und bei der Photovoltaik-Nutzung sind die Stromerzeugungskosten für Strom aus Biomasse jedoch nicht zurückgegangen, sondern erfordern eine dauerhaft hohe Förderung, um im Energiemarkt bestehen zu können. Aber es gibt auch andere Nachteile: aufgrund der sehr geringen Flächeneffizienz beim Anbau von Mais oder anderen Energiepflanzen gegenüber der Nutzung dieser Flächen durch z.B. Photovoltaik (Unterschied: Faktor 40 laut Bundesumweltamt), oder aufgrund der fragwürdigen Effekte von Anbau-Monokulturen (für die energetische Nutzung) auf die Biodiversität ist die Stromerzeugung durch Anbau-Biomasse durchaus nachteilig und wird schon aus wirtschaftlichen Gründen voraussichtlich wieder zurückgehen.
Wünschenswert und nachhaltig – und auch noch weiter ausbaubar – ist die energetische Biomassenutzung jedoch im Rahmen der Behandlung von Bioabfällen. Die Vergärung von Biomasse zu Methan und die anschließende Kompostierung der Reststoffe und und die bodenbezogene Verwertung des Komposts stellt eine besonders hochwertige Form der Abfallverwertung im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dar. Die Abfallbehandlung muss ohnehin den gesetzlichen Vorgaben („Abfallhierarchie“) genügen, die Kosten einer Stromerzeugung aus Biogas aus der Vergärung von Bioabfällen (oder eine andere Nutzung des Biogases) stehen damit nicht in Konkurrenz zu anderen erneuerbaren Stromerzeugungstechnologien.
Aber es gibt vielfach lokale Konflikte um Standorte für neue Biogas- und Kompostierungsanlagen für die Bioabfallbehandlung. Fraglos gehören solche Anlagen nicht in Wohngebiete, aber auch andere Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge („Kläranlage“) sind notwendig und werden vor Ort akzeptiert. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit und gesellschaftliche Einbindung erforderlich.